DIE GROSSE 2021

Die Grosse 2020/2021

Der Sculptureclub im Ehrenhof, erfreut sich an der Tiefe des Raumes

Von Axel Kreiser

Der Düsseldorfer Ehrenhof umfasst die gerade Verbindung zwischen Tonhalle und Kunstpalast, seine Breite wird begrenzt durch das Forum NRW und den nördlichsten Teil des Hofgartens. Das Gelände gliedert sich in Rasenflächen, Blumenbeete, Wege, Bänke. Es ist zudem ein Ort der Präsentation von kontinuierlich stehenden, sowie temporär aufgestellter Skulpturen. Der Ehrenhof ist ein öffentlicher Raum, vor allem ist es ein äußerst lebendiger Ort. Täglich wird er von Bürgern und Bürgerinnen für die unterschiedlichsten Anliegen genutzt. Man trifft auf Museumsbesucher, Rentner, Boulespieler, Yogagruppen, Spaziergänger, Sonnenfreunde, kurz Menschen, die ein Buch lesen oder einen Espresso trinken und manchmal das Umfeld kaum, dann wieder sehr interessiert wahrnehmen.

Die Sprache der Bildhauerei ist, wie jede künstlerische Disziplin, geprägt von langen Traditionen und Spezialistentum. Gleichzeitig wecken Skulpturen im Außenraum jedoch bei vielen eine ungewöhnliche Neugier und Begeisterung. Weil dieser besondere Ort Ehrenhof Stadtbewohner jedweder Art anzieht, trifft Kunst hier auf ein vielfältiges Publikum. Der Anspruch des Sculptureclub ist es, verschiedene bildhauerische Positionen in einem Gesamtzusammenhang zu zeigen. Natürlich hat jede Arbeit zunächst mit dem Einzelinteresse des jeweiligen Künstlers zu tun, doch im abgestimmten Zusammenspiel, werden gleichsam einzelne Eigenschaften sichtbarer, werden unterschiedliche gedankliche Ansätze deutlicher.

Herbert Willems Metallskulptur "Friedrichsplatz" deutet zunächst Aufbau und Wuchs eines Baumes an, verlässt diese Absicht jedoch nonchalant. Das Konstrukt wuchert antennenartig weiter, die silberne Zinkoberfläche verweist scheinbar auf Technisches. Mit dem Schimmern, Reflektieren und Durchscheinen des Lichts wird eine Verbindung zur Natur neu hergestellt.

Auf der Verbindungsachse am entferntesten platziert, ist die Metallskulptur "Corten" von Andreas Bee. Eine eigenartig erscheinende Form, begründet sich aus präzise definierten Querschnitten. Die Oberfläche, bestehend aus hunderten Einzelflächen, verweist an jeder Stelle wo genau die Linien der Querschnitte verlaufen. Man muss vielleicht dieser Überlegung zum Raum eines Körpers und seiner Gliederung nicht folgen. Trotzdem wirkt hier ein Spiel, welches genauen Regeln folgt und schließlich ein Volumen, eine Form erreicht, bei der Schwerpunkt, Symmetrie, Durchbruch in ungewöhnlicher Dichte zusammenwirken.

Bernhard Kucken ist ein Vertreter des Figurativen. Seine Arbeit widmet sich der Neuinterpretation von Laokoon, einer Ikone der klassischen Bildhauerei. "Laokoonae" denkt die Marter Laokoons und seiner Söhne, alternativ als eine Geschichte der Frauen. Kucken verzichtet auf die naturgetreue Darstellung der im Mythos beschriebenen Schlangen. Stattdessen lässt er eine Frauengruppe, Mütter wie Töchter, in schlangenartig, sich in die Höhe schraubender Bewegung, im selben Augenblick steigen wie fallen.

Unweit davon drängen die "Maiskolben" von Lothar Krüll aus der Erde. Das Ensemble der unterschiedlich großen Maiskolben im Grünspanfarbton erscheint als Familienaufstellung. Die Wachstumsstadien von Pflanzen, sowie Ähnlichkeit und Abweichung innerhalb von Sorten sind jedem Gärtner ewig staunenswert. Jedes einzelne Maiskorn hier, ist Abkömmling einer Abformung eines handelsüblichen Schraubglases. Jeder kennt diese Gläser aus dem Supermarkt, dort sind sie gefüllt mit Marmelade oder mit eingelegtem Gemüse. Die Verwandlung solch banaler Industrieformen zu komplexen Gebilden, wie sie zuverlässig ansonsten nur die Natur hervorbringt, verdeutlicht, dass Begriffe wie Schaffung und Schöpfung zwar verwandt, jedoch nicht synonym verstanden werden sollen.

Ihm benachbart liegt die Plastik "Flint" von Axel Kreiser auf ihrem Podest. Wie ist etwas gemacht oder entstanden, das sind nicht allein die Fragen der Kinder. Es ist gleichzeitig ein Beweggrund, pendelnd zwischen Plan und Zufall, etwas neu erfinden zu wollen. Flint oder Feuerstein diente seit der Steinzeit als prähistorisches Mittel, Feuer zu erzeugen. Auch wurde das harte Material für Pfeilspitzen, Klingen oder Schabemesser verwendet. Das Abplatzen einzelner Splitter vom ursprünglichen Flintkiesel, erzeugt eine bestimmte scharfkantige Oberfläche, so kam der Name zur Skulptur. Die frei entwickelte Form, ist Ergebnis des Fügens verschieden großer gebogener Bleche. Hierbei gibt es fortlaufend, bis zum Schluss das letzte Puzzelstück eingepasst wurde, viele intuitive Entscheidungen.

Gerade um die Ecke des Eingangs zum Kunstpalast, zart angelehnt an die Natursteinfassade steht die "Leiter" von Gunnar Krabbe. Eine schlichte Holzleiter, der traditionellen bäuerlichen Bauweise nachempfunden, endet irgendwo auf dem oberen Drittel der Gebäudewand. Ewig nah sind sich Versuchung und Gefahr, liegen hier verheißungsvoller Ausblick und angsteinflößende Höhe dicht beieinander. Im günstigen Augenblick verwandelt sich die Leiter zur Sonnenuhr, zu einem Schattenzeichner. Das natürliche Licht und die vergehende Zeit, treiben ein mählich sich wandelndes Raster über die Steinfläche.


Jeder Club lebt davon, möglichst spannende Zusammenkünfte Gleichgesinnter zu befördern

Von Axel Kreiser

Der SCULPTURECLUB, versammelt seit 2014 eine Gruppe engagierter Lehrkräfte der Kunstakademie Düsseldorf.
Man darf sich dies durchaus ähnlich jener ersten Clubs in England vorstellen, bei denen sich, wie man aus verlässlichen Quellen weiß, "gebildete, höfliche, heitere, anständige Männer" über Literatur ausgetauscht haben sollen.

In den Gebäuden der Akademie, finden sich die Künstler, die gleichzeitig Leiter verschiedener Einrichtungen sind, regelmäßig im Gespräch über diverse Vorstellungen der Bildhauerei,

über Probleme bei der Herstellung von Skulpturen, über Eigenschaften von Material oder künstlerische Methoden.
Dies geschieht um die Studierenden bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Arbeit zu betreuen und dies geschieht noch einmal eindringlicher, weil jeder Künstler fortlaufend Projekte verfolgt, an denen die Kollegen oft interessiert Anteil nehmen.
Die Arbeiten der Düsseldorfer Künstlergruppe SCULPTURECLUB ermöglichen daher vielseitige Einblicke in die Bildhauerei. Es gibt in gemeinsamen Ausstellungen figurative Plastiken, abstrakte und konkrete Formen aus verschiedenen Materialien zu sehen.

In Ihrer langjährigen Lehrtätigkeit, haben die Bildhauer ganz unterschiedliche Strategien entwickelt, ihre künstlerischen Ideen in Material zu realisieren und diese zu vermitteln.

Was die Vertreter des SCULPTURECLUB immer eint, sind eine breite Kenntnis von Materialien und die große Sorgfalt im Umgang mit ihnen. Die überzeugende Umsetzung künstlerischer Ideen in Beton, Stahl, Kunstharz, Bronze, Stein und Holz ist somit erwartbar, die bildnerische Vielfalt jedoch immer wieder überraschend.